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Customer First: Was es wirklich heißt, den Kunden an erste Stelle zu setzen
Ein gelebter Kundenfokus führt zum Geschäftserfolg. Wir zeigen Ihnen wie.
Von Jeannie Walters, Gründungsmitglied und Chief Experience Officer bei Experience Investigators, @jeanniecw
Zuletzt aktualisiert: 2. September 2022
Es lässt sich leicht behaupten, dass man ein Customer-First-Unternehmen ist. Auch der Gedanke, dass alle Mitarbeiter im Unternehmen den Fokus auf den Kunden legen, ist erfreulich. Schließlich sorgt diese Haltung für zufriedenere Kunden, bessere Unternehmensergebnisse und einen höchst begehrten Arbeitsplatz. Aber Definition und Ausführung einer Customer-First-Strategie sind keineswegs so selbstverständlich, wie es klingen mag. Zunächst muss die Führungsebene eine Strategie entwickeln, die Bedeutung von Erfolg definieren und Wege für eine Customer Experience, bei der die Kunden an erster Stelle stehen, erarbeiten – und das nicht nur für den Augenblick, sondern auch in Vorbereitung auf die Zukunft.
Was ist eine Customer-First-Strategie?
Im Grunde geht es darum, den Kunden an erste Stelle zu setzen. Statt alle betrieblichen Maßnahmen an den Produkten auszurichten, steht der Kunde im Zentrum aller Unternehmensentscheidungen. Customer First bedeutet auch, Wege zu suchen, um ständig proaktiv unter Beachtung der Kundenperspektive eine positive Customer Experience bereitzustellen. Ein Customer-First-Ansatz ist eng mit zweckorientiertem Denken verbunden. Der Kunde, die Customer Experience und die emotionale Bindung an das Unternehmen werden Teil des Unternehmenszwecks. Was die Kunden mit ihren Produkten anfangen, die Erfahrungen, die sie an jedem Touchpoint der Customer Journey machen, und wie sie sich dabei fühlen – all das hat Einfluss auf die Mitarbeiter eines Customer-First-Unternehmens. Es geht darum, für den Kunden das Richtige zu tun und sicherzustellen, dass alle im Unternehmen diese Haltung praktizieren. Viele Disruptoren des vergangenen Jahrzehnts wie Uber, Airbnb und Warby Parker gelten als Customer-First-Unternehmen. Statt die Customer Journey um die Produkterstellung und -lieferung herum zu gestalten, geht es darum, die Erfahrung der Kunden zu verbessern. Auf diese Art und Weise haben diese Unternehmen ganze Branchen auf den Kopf gestellt, weil sie ihre Kunden und deren Bedürfnisse verstanden haben. Dadurch wurden sie zu äußerst umsatzstarken und erfolgreichen Unternehmen.
Ein gelebter Kundenfokus führt zum Geschäftserfolg.
Wenn die Ausführung stimmt, sorgen Customer-First-Strategien für bessere Ergebnisse. Kunden, die gute Kundenerlebnisse haben, geben mehr Geld aus, bleiben länger bei einer Marke und erzählen anderen Menschen lieber von ihren Erfahrungen. Dadurch steigen die Kundentreue, die Anzahl der Wiederholungskäufe und die Empfehlungen. So erging es beispielsweise dem japanischen Einzelhandelsunternehmen Uniqlo, das 2021 Umsatz- und Gewinnsteigerungen verzeichnete. Sein Erfolg lässt sich zum Teil auf seine Customer-First-Strategie zurückführen. Uniqlo orientiert sich am wichtigsten Prinzip seines CEO Tadashi Yanai: „Kundenbedürfnisse erfüllen und neue Kunden gewinnen.“ Dabei betont er, dass dies nur Schritt für Schritt geschehen kann und es sich nicht um eine einmalige Maßnahme handelt. Die Forschung hat auch gezeigt, dass ein starker Kundenfokus sich auf den Umsatz auswirken kann: 87 Prozent der Kunden geben an, dass sie bei einem guten Kundenservice ihr Verhalten ändern. Laut der Umfrage von Zendesk gaben 87 Prozent an, „dass ihr Erlebnis tatsächlich ihr späteres Kaufverhalten verändert hat – von der Weiterempfehlung von Produkten oder Dienstleistungen an andere Personen (67 Prozent) über den Kauf oder die Nutzung von mehr Produkten und Dienstleistungen dieses Unternehmens (54 Prozent) bis hin zur Erwägung, mehr von diesem Unternehmen zu kaufen (39 Prozent).“
87 Prozent der Kunden geben an, dass ein guter Kundenservice ihr Verhalten als Kunden verändert.
Ein solcher Kundenfokus kann Unternehmen auch helfen, Spitzentalente zu halten und für eine bessere Employee Experience zu sorgen. Laut einer Umfrage von SurveyMonkey gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen dem Empfinden der Mitarbeiter in Bezug auf die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit und Themen wie Kundenempatie, dem Einfluss ihrer Arbeit auf die Kunden und dem Wert, den ihr Unternehmen der Kundenzufriedenheit beimisst. Eine solche Customer-First-Einstellung sorgt für ein Mitarbeiterverhalten, das wiederum dem Kunden hilft. Umsatz, Wachstum und Kundentreue werden also auf vielfältige Weise durch positive Customer Experiences gefördert.
So wird man zu einem Customer-First-Unternehmen
Damit Ihr Unternehmen wirklich den Kunden an erste Stelle setzen kann, muss es zunächst in eine gute Strategie für das Customer-Experience-Management investieren und diese auch umsetzen. Voraussetzung dafür sind folgende drei Dinge:
1. Werden Sie sich der Bedeutung bewusst, die Sie für Ihre Kunden haben
Die besten Unternehmen konzentrieren sich nicht auf Produkte, sondern darauf, welche Möglichkeiten sie ihren Kunden mithilfe dieser Produkte oder Dienstleistungen eröffnen. So konzentriert sich die Möbelmarke IKEA auf eine Vision: „Einen besseren Alltag für viele Menschen schaffen.“ Die Mitarbeiter können ihren Blick dadurch leichter über den Produktverkauf hinaus auf die Gefühle und Chancen richten, die ihre Produkte mit sich bringen.
2. Lernen Sie Ihre Kunden kennen
Es reicht nicht aus, zu wissen, was sie kaufen möchten. Sie müssen vielmehr wissen, wer sie sind: mit all ihren Herausforderungen, Zielen und Emotionen. Die Entwicklung von Buyer Personas und die Zusammenarbeit mit Kunden können sinnvoll für die unternehmensweite Kundenfokussierung sein. Eine gemeinsame Produktentwicklung mit den Kunden hilft, Serviceprobleme zu vermeiden. Kunden werden dabei eingeladen, Erlebnisse gemeinsam mit Ihnen proaktiv zu gestalten. Auch eine Beobachtung der Kunden mit einem fortlaufenden VoC-Programm (Voice of the Customer) stellt eine Möglichkeit dar, mit ihren Erfahrungen in Verbindung zu bleiben. Integrieren Sie das Kundenfeedback in die Arbeitszyklen Ihres Unternehmens. So können die Teams Maßnahmen ergreifen, um Kundenprobleme aktiv zu lösen.
3. Gestalten Sie Ihre Customer Experiences proaktiv
Gartner zeigte, dass die Anforderungen der Kunden am besten durch einen proaktiven Kundenservice erfüllt werden können. Dennoch gaben nur 13 Prozent der Kunden an, dass sie proaktiven Service erhielten. Eine proaktive Customer Experience kann zum echten Wettbewerbsvorteil werden. Proaktiv können Sie jedoch nur sein, wenn Sie Ihre Kunden verstehen und sie bei der Entscheidungsfindung an erste Stelle setzen.
4. Definieren Sie Erfolg
Einfach zu behaupten, dass man den Kunden an erste Stelle setzt, reicht nicht aus. Alle Führungskräfte des Unternehmens müssen Kundenzentrierung verstehen und entsprechend umsetzen. Deshalb muss Erfolg definiert werden, indem Customer-Experience-Metriken mit Unternehmenszielen verknüpft werden. Wir empfehlen die Formulierung einer Customer-Experience-Erfolgserklärung. Sie kann der Führungsebene klar vor Augen führen, dass ein Kundenfokus dem gesamten Unternehmen zugute kommt. Und angesichts der Tatsache, dass ein solcher Kundenfokus Haltung und Strategie zugleich ist, müssen auch alle Mitarbeiter am gleichen Strang ziehen. Am Ende kommt es also auf die Unternehmenskultur an.
So entsteht eine Customer-First-Kultur
Eine Customer-First-Kultur ist zweckorientiert und fördert die Verantwortlichkeit und das Handeln im Namen der Kunden. Diese Kultur zieht Mitarbeiter an, die sich diesem Zweck verschreiben, und motiviert sie, den Kunden an erste Stelle setzen. Die Mitarbeiter verfolgen somit eine gemeinsame Vision, die vom gesamten Unternehmen getragen wird. Ein Customer-First-Ansatz erfordert aber auch die Bereitstellung der richtigen Tools, Technologien und Ressourcen, die die Mitarbeiter für die Personalisierung der Customer Experience benötigen. Zu diesem Zweck müssen Unternehmen die Kundendaten auf einer Kundendatenplattform (CDP) zusammenführen, die für alle Mitarbeiter sichtbar und zugänglich ist. Customer First bedeutet auch, allen Mitarbeitern die richtigen Informationen im richtigen Moment auf die richtige Weise zu präsentieren, damit sie die Kunden optimal betreuen können. Eine Zentralisierung der Kundendaten bedeutet beispielsweise, dass die Kundenservice-Interaktionen nicht vom Einkaufsverlauf getrennt werden. Kundenservicemitarbeiter arbeiten mittlerweile kanalübergreifend, damit sie die Customer Journey aus den unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten können. (So geht aus dem Bericht von Zendesk zu den Customer Experience Trends hervor, dass die Zahl der sogenannten Blended Agents im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent gestiegen ist.) Die Mitarbeiter müssen wissen, wo sich der Kunde in der Customer Journey befindet. Die Führungskräfte müssen dabei zwar die Richtung vorgeben, aber jeder einzelne Mitarbeiter muss verstehen, wie seine Rolle die Customer Experience direkt beeinflusst.
Ihr Unternehmen ist noch nicht ganz so weit? Dann beginnen Sie einfach heute damit.
Um ein Customer-First-Unternehmen zu werden, benötigen Sie ein starkes Fundament. Fragen Sie sich, ob Ihr Unternehmen den Kunden in den Fokus stellt und welche Maßnahmen sich daraus ergeben.
Ist die Mission oder die Unternehmensvision der Customer Experience klar und deutlich formuliert, sodass alle Mitarbeiter ihren Blick über das Produkt hinaus richten?
Ist eine proaktive Customer Experience Unternehmenspriorität und ist ein Bewusstsein dafür vorhanden, dass sie für den Erfolg des Unternehmens unerlässlich ist?
Sind die Kundendaten zusammengeführt und sichtbar, damit die Mitarbeiter personalisierte und sinnvolle Erfahrungen unabhängig vom Kanal und der Phase der Customer Journey bereitstellen können?
Versteht jeder Mitarbeiter, wie seine Rolle die Customer Experience positiv beeinflusst?
- Wird der Kunde als Person gesehen und anerkannt, und nicht nur sein Einkauf?
Es gibt immer Möglichkeiten, Ihr Unternehmen positiv zu verändern, selbst wenn Sie noch nicht hinter alles auf dieser Liste einen Haken setzen konnten. Beginnen Sie dort, wo es Ihnen möglich ist, und setzen Sie den Kunden dabei an erste Stelle. Ihr Unternehmen und Ihre Kunden werden es Ihnen danken.
Informationen zu Jeannie Walters
Seit über 20 Jahren widmet sich Jeannie Walters der Schaffung sinnhafter Momente und nachhaltiger Ergebnisse. Als Gründerin und Chief Experience Offiver bei Experience Investigators half Jeannie vielen Unternehmen – von kleinen bis hin zu Fortune-500-Unternehmen wie Verizon und Allstate – gemäß dem Motto: To Create Fewer Ruined Days for Customers™ (dt.: Für weniger verpatzte Tage für die Kunden zu sorgen).
Sie ist TEDx-Rednerin, Gründungsmitglied von CXPA, Co-Moderatorin des Podcasts Crack the Customer Code , der viele erstklassige Bewertungen erhalten hat, und vierfache LinkedIn Learning-Dozentin, deren Kurse von mehr als 200.000 Online-Teilnehmern besucht wurden.