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Digitalisierung in Produktionsbetrieben: 2 Ansätze zur Erschließung neuer Potenziale mit exzellenter Customer Experience
Von Sven Colucci, Customer Experience Manager, Accuride International GmbH
Zuletzt aktualisiert: 1. September 2023
Gastbeitrag von Sven Colucci, Customer Experience Manager, Accuride International GmbH
Neben dem globalen Druck auch im Produktionsbereich immer umfassender zu digitalisieren triggert nun zusätzlich auch eine Pandemie diesen Wandel. Unternehmen, die noch vor fünf Jahren nur ein vage Vorstellung von der Digitalisierung im Kundenservice und der internen Kommunikation hatten, merken nun umso mehr die Dringlichkeit zu handeln und hergebrachte Strukturen aufzubrechen, damit ihre Unternehmen im Wettbewerb bestehen können.
Schnelle und transparente Kommunikation als Schlüsselfaktoren für exzellenten Kundenservice
Einen ganzheitlichen Blick dafür zu bekommen, in welcher Form die Digitalisierung für einen Betrieb sinnvoll ist, setzt auch immer voraus, den Blickwinkel von bisherigen Vorgehensweisen zu lösen. Was bedeutete dies konkret für unser Unternehmen? Accuride ist ein weltweit führender Technologieanbieter im Bereich von kugelgelagerten Schienen für lineare Bewegungen und Linearführungen. In Puncto Customer Experience Management galt es für uns zwei Gesichtspunkte besonders zu berücksichtigen: Zum einen den traditionellen Ansatz, dass jedem Kunden ein fest zugeordneter Customer Service Agent gegenübersteht, zum anderen der gesellschaftliche Wandel im Kaufverhalten.
“Die anfängliche Skepsis der externen Stakeholder wandelte sich schnell angesichts des Anstiegs an positivem Kundenfeedback bei der Mehrzahl der Anfragen.”
“Die anfängliche Skepsis der externen Stakeholder wandelte sich schnell angesichts des Anstiegs an positivem Kundenfeedback bei der Mehrzahl der Anfragen.”
Wir sehen, dass sich mit der Digitalisierung der Fokus beim Kaufverhalten stetig weiter hin zu Preisvergleichen und schnellen Lieferzeiten verschiebt. Kleinere Unternehmen ohne eine eigene Einkaufsabteilung suchen auch bei Industriegütern immer mehr online nach diesen Möglichkeiten. Das Web reduziert heutzutage Unsicherheiten beim Kauf (Produktinformationen, gesetzliches Widerrufsrecht,..). Uns hilft es, unseren Kundenstamm um eine völlig neue Gruppe von B2C-Kunden zu erweitern, in dem wir Strukturen schaffen, um auch kleinste Bedarfe zu decken.
Zunächst war bei uns schwer vorstellbar, Kunden keinen klar definierten Servicemitarbeiter gegenüberzustellen und stattdessen mit unserer Customer Experience Management-Strategie die schnelle Beantwortung von Kundenanfragen zu priorisieren. Das stieß anfänglich auch auf interne und externe Skepsis. Mit einem Blick auf den strukturellen und gesellschaftlichen Wandel jedoch wurde uns schnell klar, dass wir es mit einem fundamentalen Bruch zu tun haben, der von uns verlangte, als eines der ersten Unternehmen unserer Branche den Schritt zu wagen und unsere Prozesse organisatorisch anzupassen.
Das hat zuallererst zur Folge, dass sich für unsere Kunden nun die Wartezeiten – da nun unabhängig vom Ansprechpartner – erheblich verkürzten. Die anfängliche Skepsis der externen Stakeholder wandelte sich schnell angesichts des Anstiegs an positivem Kundenfeedback bei der Mehrzahl der Anfragen.
Intern wirkt sich die Transparenz der Informationen sehr positiv auf das Team auf, da ein einfaches Ticketsystem für jeden Mitarbeiter einen deutlichen Mehrwert (z.B. bei der Vereinfachung der Informationsfindung, einheitlichem Wissensstandard,..) mit sich brachte. So ist seither auch zu beobachten, dass die Servicemitarbeiter miteinander Tipps im Umgang mit Bestandskunden austauschen, um nicht nur eine gute sachliche Bearbeitung zu garantieren, sondern auch ein gutes emotionales Umfeld zu schaffen.
Der Wandel im Kaufverhalten als Chance für Customer Experience Management
Der Wandel im Kaufverhalten stellt dagegen eine ganz andere Herausforderung fuer das Customer Experience Management dar. Bei Accuride ist unser Vertrieb in zwei Bereiche gegliedert: Da ist zunächst der Bereich OEM (Original Equipment Manufacturer). Dies umfasst kundenspezifische Produkte von Herstellern, beispielsweise in den Bereichen Automobil oder Küchengeräte, die nicht im freien Handel verfügbar sind und als Teil eines Systems zur Anwendung kommen. Daneben haben wir den Bereich Distribution mit Standardprodukten, die im freien Handel erhältlich sind.
Im dritten Quartal 2020 hat sich unser Management dazu entschieden, neben den bestehenden Touchpoints ein CX Team zu etablieren.Kerngedanke war dabei zunächst, unsere Inbound Leads durch das neue Team zu evaluieren. Das beinhaltet eine „Discovery-Phase“, in der sich das Team mit allen Leads auseinandersetzt, die unser Marketing beispielsweise durch Kontaktformulare oder Downloads von 3D Daten generiert. Im Idealfall führen sie bereits ein erstes Gespräch, um besser zu verstehen, was ein potentieller Kunde tatsächlich benötigt. Das ermöglicht es uns, dem Kunden ein optimales Erlebnis zu bieten, in dem wir bereits einen Kollegen aus dem Verkauf einbeziehen. Dieser kann direkt mit dem vollen Wissen über unser Produkt in das Gespräch einsteigen. Dies verbessert Metriken wie die Customer Satisfaction Score (CSAT),, in dem der Kunde nicht immer wieder sein Anliegen von vorne beginnen muss. Unser Unternehmen bekommt so aber natürlich auch eine gute Ausgangsposition für einen Vertragsabschluss.
Doch was macht hier ein „traditionelles“ Unternehmen wirklich zum Vorreiter? Entscheidend ist, dass durch das CX-Team der Lead nicht nur schnell verstanden wird, sondern dass damit auch die Möglichkeit geschaffen wurde, in kleinste Bedarfe zu verkaufen. Es gibt also eine Neuausrichtung hin zu einer Vertriebsexpansion in Richtung kleiner B2B- und sogar auch B2C-Kunden.
Es ist an der Zeit, den Kunden dank Customer Experience Management in den Mittelpunkt zu stellen
Wenn wir auf unseren Change-Prozess zurückblicken, war eines entscheidend: Ein intrinsisches Umdenken innerhalb des Unternehmens, das den Kunden tatsächlich (und nicht nur verbal) in den Mittelpunkt des Handelns zu rückt. Um diesen Wandel zu vollziehen, ist “Leading by example” durch das Management von elementarer Bedeutung, ebenso wie der gegenseitige Support innerhalb des Teams durch die entsprechenden Spezialisten. Ein solches Verständnis stellt einige der typischen Prozesse für Produktionsbetriebe in Frage: Es verbessert, verfestigt, fügt neue Prozesse hinzu. Manchmal sind auch interne Widerstand zu überwinden ist, aber es formt aus einem grauen Unternehmen einen lebendigen bunten Player auf dem Markt.