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Der Startup-Partner: Eine andere Sichtweise
Von Laura Shear
Zuletzt aktualisiert: 2. Dezember 2021
Mehr als eine halbe Millionen Menschen in den USA entscheiden sich jeden Monat dafür, ein Unternehmen zu gründen. Es gibt demnach ziemlich viele Menschen, die ihr Glück selbst in die Hand nehmen (oder nach den Sternen greifen wollen). Und wissen Sie was? Hinter den meisten Gründer steht ein Partner, der das Ganze – wohl oder übel – mitmachen muss.
Offen gesagt: Ich bin mit einem Unternehmer verheiratet und bin somit eine Startup-Ehefrau. Einige meiner besten Freunde sind auch mit Gründern verheiratet. Nicht jeder möchte ein Unternehmen gründen. Und nicht jeder möchte das Bett mit jemandem teilen, der ein Unternehmen gegründet hat.
Nicht jeder möchte ein Unternehmen gründen. Und nicht jeder möchte das Bett mit jemandem teilen, der ein Unternehmen gegründet hat.
Die Gründung eines Unternehmens oder die Erfindung eines neuen Produkts oder einer neuen Dienstleistung ist ein gesellschaftliches Mysterium. Menschen träumen gerne von der Freiheit, ihr eigenes Unternehmen zu führen, von den finanziellen Vorteilen oder vom Ruhm – oft sogar von allen drei Dingen. Menschen, die erfolgreich ein Unternehmen gegründet haben, erlangen durch ihren Tatendrang, ihren Mut, und in manchen Fällen auch durch ihre weitreichende Verrücktheit, einen Promistatus. Und der Partner des Gründers? Wir sind ein bisschen undurchsichtiger und wecken nicht unbedingt Neid. Zumindest nicht sofort.
Eigenschaften für den Erfolg
Das Entrepreneur-Magazin fand (passenderweise) heraus, dass es acht Eigenschaften gibt, die man haben sollte, wenn man ein Unternehmen gründet. Dazu gehören natürlich „Flexibilität und Anpassungsfähigkeit“ und „Kommunikation und Zusammenarbeit“. Mir ist beim Lesen aufgefallen, dass alle Eigenschaften auch auf Partner von Startup-Gründern zutreffen. Und zwar in höchstem Maße.
Nehmen wir „zukunftsorientiert“ als Beispiel – also die Fähigkeit, zu berücksichtigen, was als Nächstes kommt sowie sich Ziele zu setzen und diese auch zu erreichen. Klar, das braucht man, wenn man ein Unternehmen gründet. Aber die Partner brauchen diese Eigenschaft in abgewandelter Form auch. Um mit einem Unternehmer zusammenzuleben, müssen Sie in der Lage sein, sich nicht so sehr auf Ihre eigene Zukunft zu konzentrieren, sondern auf die Zukunft, auf die Ihr Partner hinarbeitet. Andernfalls kann es hart werden. Dasselbe gilt für „risikofreudig“. Derjenige, der das Unternehmen gründet, ist letztendlich für den Erfolg des Startups verantwortlich. Aber auch der Partner bringt Opfer, da Startups auch die Stabilität zu Hause ins Wanken bringen. Der Startup-Partner muss einen Weg finden, die eigene Angst vor den Risiken zu überwinden, um sich voll und ganz darauf einlassen zu können.
Außerhalb des Bettes – wie es wirklich ist, mit einem Startup verheiratet zu sein
Ich habe meine Freunde befragt, die auch mit einem Startup-Gründer verheiratet sind, was ihrer Meinung nach wichtig für diese Rolle ist. Flexibilität steht an erster Stelle, dicht gefolgt von Organisation, Unterstützung und Zuhören. Eine weitere wichtige Eigenschaft? Bescheidenheit. Ein Freund brachte es auf den Punkt: „Man muss sich im Hintergrund wohlfühlen. Es wird häufig nicht um dich gehen.“ Andere Eigenschaften, die genannt wurden, waren: fürsorglich, sanftmütig, unterstützend, großzügig, geerdet, geduldig und psychisch belastbar.
Jemanden zu unterstützen, der Hunderte von Stunden im Monat (und in vielen Fällen auch eine Menge Geld) in ein neues Unternehmen investiert, kann sich wie ein Vollzeitjob anfühlen. Und zwar zusätzlich zu dem, was man sonst noch zu tun hat. Diejenigen von uns, die erst später im Leben zu Startup-Partner wurden, haben vielleicht schon ihre eigenen Karrieren, und oft gibt es da auch noch Kinder. Es ist nicht leicht, wenn man zuvor ein gutes Gleichgewicht zuhause gefunden hatte und einer der Partner dieses Gleichgewicht dann nicht mehr halten kann. Die bedingungslose Unterstützung des Startups des Partners scheint richtig zu sein (schließlich steht auch Ihre Zukunft auf dem Spiel). Aber manchmal ist das leichter gesagt als getan.
Und dann gibt es da noch den Stress. Ein Unternehmen – egal wie groß – zu gründen, ist stressig. Dieser Stress überträgt sich auch auf das Privatleben und wird zu einem Teil der Ehe. Die Unterstützung bei der Stressbewältigung wird de facto zur Aufgabe des Startup-Partners. Für die meisten bedeutet es, zu Hause alles am Laufen zu halten, damit das Leben ein gewisses Maß an Normalität behält. Für manche bedeutet es auch, die Familie finanziell zu unterstützen, weil das Unternehmen noch nicht genug Geld erwirtschaftet. Und für alle Startup-Partner bedeutet es, wegzuschauen, wenn der andere gereizt und beschäftigt ist und das Abendessen (mal wieder) verpasst.
Die Unterstützung bei der Stressbewältigung wird de facto zur Aufgabe des Startup-Partners.
Wie viel auf dem Spiel steht – finanziell, emotional, beruflich – bestimmt den Grad der Belastung. Wie ein Startup-Partner es ausdrückte: „Man kann viel Geld verdienen, aber auch alles verlieren oder nichts verdienen.“ Und es kann einsam sein, wenn man der Einzige in seinem Umfeld ist, der den besonderen Stress erlebt, der mit der Gründung eines Unternehmens verbunden ist. Um es ganz offen zu sagen: „Niemand bereitet dich darauf vor, monatelang kein Gehalt zu erhalten, deine Möbel dem Büro zu überlassen, alles, was du besitzt, für das Unternehmen aufs Spiel zu setzen, und keine oder eine miserable Krankenversicherung zu haben.“
Das schwierigste daran, mit jemandem verheiratet zu sein, der ein Unternehmen gegründet hat? Einem Startup-Partner zufolge ist es eine unausgesprochene Erwartung, dass ein Unternehmer rund um die Uhr per Telefon, E-Mail oder persönlich erreichbar sein sollte. Für einen anderen war es die Art und Weise, wie die zielstrebige Typ-A-Persönlichkeit seiner Frau (die für ihren Erfolg als Unternehmensgründerin ausschlaggebend war) zu Hause ankam. Wenn beide Vollzeit arbeiten und sich auch noch um die Kinder kümmern müssen, kann das hart sein. Andererseits ist es auch nicht einfach, zu Hause zu bleiben oder weniger zu arbeiten, um die achtzigstündige Arbeitswoche des Partners aufzufangen.
Partner von Gründern werden häufig gebeten, ihre Partner in einer Weise zu unterstützen, für die sie sich vielleicht nicht wirklich qualifiziert fühlen. Von „Vollzeit-Cheerleader“ und „Personalberater“ bis hin zu „Petrischale für neue Technologien“ und „Schallboden“ – wir haben viele Rollen, die über „Lebenspartner“ hinausgehen.
Manche Startup-Partner sind von Beginn an am operativen Geschäft beteiligt. Wenn man sich dafür interessiert, kann es sich gut anfühlen, eine aktive Rolle zu übernehmen. Andererseits hat man manchmal das Gefühl, dass man nie wieder davon loskommt… was irgendwie ärgerlich ist, wenn man bedenkt, dass die Gründung eines Unternehmens eigentlich gar nicht Ihre Idee war.
Partner von Gründern werden häufig gebeten, ihre Partner in einer Weise zu unterstützen, für die sie sich vielleicht nicht wirklich qualifiziert fühlen. Von „Vollzeit-Cheerleader“ und „Personalberater“ bis hin zu „Petrischale für neue Technologien“ und „Schallboden“ – wir haben viele Rollen, die über „Lebenspartner“ hinausgehen.
Es ist ein Abenteuer – hier kommen einige Überlebenstipps
Kommen wir zu den schönen Seiten. Das Leben mit einem Unternehmer wird nicht langweilig. Es ist eine Achterbahnfahrt. Manchmal wird einem schlecht, aber es bleibt immer aufregend. Ein Freund erwähnte, dass es anfangs eine aufregende und zusammenschweißende Erfahrung war, gemeinsam an der Gründung eines Unternehmens zu arbeiten. „Bevor wir Kinder hatten, haben wir bis Mitternacht gearbeitet, das Büro gestrichen, Regale gebaut… es hat Spaß gemacht, das zusammen zu machen und chaotisch zu sein.“ (Ein Jahrzehnt später fühlt sich das weniger berauschend an. „Jetzt heißt es eher ,Wo sind unsere Esszimmerstühle hin? Hast du sie mit ins Büro genommen?’“)
Das Start-up-Leben bietet gelegentlich eine Flexibilität, von der alle profitieren. Da er sein eigener Chef ist, kann sich mein Mann manchmal den Nachmittag frei nehmen oder Urlaube dann planen, wenn es für die ganze Familie passt. Und ein anderer Startup-Partner erklärt: „Es ist immer gut, mit jemandem zusammen zu sein, der einen Traum verfolgt. Es ist inspirierend und sorgt für Kreativität.“ Menschen, die Unternehmen gründen, können auch ein gutes Beispiel für ihre Kinder sein, indem sie ihnen zeigen, dass sie selbst in der Hand haben, welcher Art von Arbeit sie nachgehen wollen.
Für Startup-Partner-Neulinge gibt es hier einige Ratschläge von denen, die schon Erfahrung haben:
Legen Sie eine bestimmte Zeit in der Woche, am Wochenende und im Urlaub fest, in der die Arbeit in der Familienzeit keine Rolle spielen darf.
Treffen Sie Vereinbarungen über die Aufgaben zu Hause und mit den Kindern, denn „angesichts der unvorhersehbaren Anforderungen in der Startup-Welt können plötzlich alle Aufgaben auf den Partner verlagert werden.“
Setzen Sie sich zusammen hin und gehen Sie alles durch, was dazu gehört, damit es zu Hause funktioniert. Ein Startup-Partner sagte: „Mir ist klar geworden, dass die gesamte Verantwortung bei mir lag und ich alles gemacht habe, ohne zu wissen, wie viel es war. Als wir uns zusammengesetzt haben, um unsere jeweiligen Aufgaben zu besprechen, haben wir eine bessere Aufteilung gefunden.
- Setzen Sie sich ein eigenes Ziel, auf das Sie hinarbeiten – damit Sie sich auch auf sich selbst und Ihre eigenen Träume konzentrieren.
Nehmen Sie die Dinge mit Humor.
Kommunizieren Sie. Halten Sie regelmäßige Sonntagstreffen ab, tauschen Sie Ihre Termine aus und äußern Sie Ihre Erwartungen.
Seien Sie flexibel. Sie können noch so viel planen. Manche Dinge können Sie nicht kontrollieren.
Pflegen Sie Ihr eigenes Unterstützungssystem: eine starke Gemeinschaft von Freunden und Familienangehörigen, die für Sie da sind, wenn Ihr Partner es nicht sein kann.
- Nehmen Sie sich Zeit füreinander. Auch wenn es nur eine Stunde ist, die Sie nutzen, um sich auszutauschen. Startup-Themen sind verboten.
Letztendlich hat niemand so viel Anteil am Erfolg (oder Misserfolg) eines jungen Unternehmens wie Ihr Partner. Die meisten Partner von Gründern, mit denen ich gesprochen haben, äußerten sich philosophisch über diese Erfahrung. Einer sinnierte: „Ich würde sagen, dass es mein Leben positiv verändert hat. Ich hätte mir niemals träumen lassen, dass ich all diese Dinge tue, die ich mit ihr getan habe.“ Nach Jahren der täglichen Mühe, eine gute Ehe zu führen, Karrieren aufzubauen, Hypotheken zu bezahlen und Kinder großzuziehen, kann es sehr belebend sein, als Paar an einem Strang zu ziehen und ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Wie ein anderer erfahrener Startup-Ehemann es ausdrückte: „Wir hatten auch harte Zeiten… zum Beispiel, als wir die Gehaltsabrechnung nicht bezahlen konnten. Aber wir haben zusammengehalten und es geschafft. Das macht eine Partnerschaft aus.“