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Eine digitale Welt? Der Neustart der Wirtschaft in Europa
Von Michael Schweidler, EMEA Content Marketing Manager
Zuletzt aktualisiert: 21. Oktober 2021
Nach über einem Jahr mit Covid-19 suchen wir nach Anzeichen für Hoffnung und Rückkehr zur Normalität. Doch obwohl viele Wunden des vergangenen Jahres noch nicht geheilt sind, zeigen sich einige Ökonomen optimistisch. Sie sind sich sicher, dass die Verbraucherausgaben in den kommenden Jahren nach einem Jahr aufgestauter Nachfrage jubelnd wieder aufleben werden, und die Wirtschaft in ganz Europa einen Neustart erleben wird. Viele sind gespannt, wie das nach einem Jahr Winterschlaf aussehen könnte, da sich das Verhalten vieler Verbraucher drastisch verändert hat.
Der Begriff „neue Normalität“ wird oft diskutiert und wir müssen uns darauf einstellen, dass das Leben nicht mehr so sein wird wie vor 2020. Schließlich sind während des Lockdowns viele neue Gewohnheiten entstanden, und Digitalisierung ist zum Herzstück der meisten Verbrauchergewohnheiten geworden. Die Frage ist, wie die „nächste Normalität“ aussehen wird, in einer Welt, die sich für immer grundlegend verändert hat.
Die Pandemie hat zu einem beispiellosen Konsumschock in ganz Europa und der Welt geführt. Einige hoffen vielleicht, dass wir einfach zu unseren alten Verhaltensweisen und Arbeitsweisen vor der Pandemie zurückkehren, aber es wird tiefgreifende emotionale Veränderungen geben, die von Verbrauchern angetrieben werden, deren Leben und Gewohnheiten sich im Verlauf der Pandemie verändert haben. Es ist fraglich, ob Kunden, die während des Lockdowns online eingekauft haben, wieder in die Geschäfte zurückkehren. Und wie es um den guten, alten Händedruck steht, werden wir sehen… vielleicht werden wir uns bei Geschäftstreffen auch in einem Jahr noch mit dem Ellbogen begrüßen.
Die Rückkehr des Verbrauchervertrauens
Einzelhandel, Gastgewerbe und Tourismus sind Branchen, die von der Pandemie schwer getroffen wurden. Ihre Wiedereröffnung wird höchstwahrscheinlich den Ton angeben, inwieweit das Verbrauchervertrauen in den kommenden Monaten zurückkehrt. In Zukunft erwarten Verbraucher ein schickes Online-Erlebnis und eine ansprechende, aufregende Erfahrung auf Einkaufsstraßen, wenn sie endlich wieder reisen können.
Die Folgen der Pandemie sind noch offen. Die EU-Kommission hat im Februar 2021 prognostiziert, dass die EU-Wirtschaft 2021 um 3,7 % und 2022 um 3,9 % wachsen wird, wobei Länder wie Spanien und Griechenland etwas länger brauchen werden, um das Wirtschaftswachstum wieder zu spüren. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Einführung des Impfstoffs auf dem gesamten Kontinent beschleunigt und ob erneute Wellen und neue Varianten des Virus möglicherweise den Aufschwung beeinträchtigen. Insgesamt werden die Lockerung der Lockdowns im Sommer sowie die Impfkampagnen aber auf die Wirtschaft einen ausschließlich positiven Einfluss haben.
Digitaler Boom
Wenn wir uns Europa ansehen, ist die digitale Akzeptanz mit 95 % mittlerweile nahezu überall angekommen, verglichen mit 81 % zu Beginn der Pandemie. Unter normalen Umständen hätte dieses Wachstum zwei oder drei Jahre gedauert.
Interessanterweise kommt die größte Akzeptanz von Technologien aus Ländern, die zuvor in Bezug auf Digitalisierung eher vorsichtig waren. Dazu gehören auch Länder wie Deutschland und die Schweiz, die vor der Covid-19-Krise einige der niedrigsten Online-Penetrationsraten hatten, seitdem jedoch um 28 und 18 Prozentpunkte zugelegt haben – mehr als alle anderen EU-Staaten.
Man muss sich nur die Finanzdienstleistungsbranche und die Innovationen aus Ländern ohne Banken ansehen, die Jahrzehnte der Technologieentwicklung übersprungen haben und direkt in das Mobile-Banking eingestiegen sind. Dann versteht man, dass manchmal eine leere Leinwand und ein Neuanfang die Möglichkeit bieten, wirklich innovativ zu sein, da man nicht ständig in veraltete Systeme verwickelt ist, die einen daran hindern, etwas Neues auszuprobieren. Dasselbe gilt für die digitale Regierung. Nehmen wir Estland als Beispiel: Das Land hatte Anfang der neunziger Jahre keine staatliche Infrastruktur mehr, nachdem die Sowjetunion ihre Besatzung zurückzog. Jetzt wird die Nation als aufstrebende, globale Technologiemacht angesehen, bei der die estnischen Bürger schon lange vor allen anderen Ländern auf alle staatlichen Dienste online zugreifen konnten. Werden jetzt größere Länder in der EU nachziehen?
Krisenzeiten treiben häufig den Strukturwandel voran und sorgen für Wachstum dank neuer und aufregender Bereiche – nehmen wir die letzte Rezession und den Boom digitaler Start-ups und neuer Geschäftsmodelle, die kurz darauf folgten. Genau das waren diejenigen kleinen Unternehmen, die den technologischen Wandel vorangetrieben haben, von dem wir heute alle profitieren. Es ist spannend, darüber nachzudenken, was aus dem Scherbenhaufen von Covid-19 entstehen könnte, wobei EdTech, FinTech, Wellness, HR und natürlich Lieferservices und E-Commerce als wahrscheinliche Bereiche für Innovationen genannt werden.
Angesichts der Hoffnung auf wirtschaftliches Wachstum ist es jedoch wichtig, dass Unternehmen offen bleiben, da sich diese digitalen Trends auf einige Unternehmen auch negativ auswirken können. Schauen Sie sich als Beispiel die Stadtzentren an. Wenn künftig mehr Verbraucher 2–3 Tage in der Woche von zu Hause aus arbeiten, was wird dann mit den Unternehmen in der Innenstadt geschehen, die sich auf ihre Kunden verlassen haben? Wie werden diese sich neuen Umsatzquellen zuwenden?
Bei der digitalen Transformation geht es nicht nur darum, sich an einen Zoom-Anruf statt einer persönlichen Besprechung zu gewöhnen, sondern sicherzustellen, dass Ihr gesamtes Geschäftsmodell digital denkt. Jetzt ist es an der Zeit, zu handeln, denn 2021 wird das Jahr des Übergangs sein. Stellen Sie also sicher, dass Sie im Wettlauf um den Aufschwung nicht ins Hintertreffen geraten.